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OM: Die Zinsen sinken ja wieder: Lohnt sich das klassische Sparen im Jahr 2025?
Dr. Bernhardt: Langfristig betrachtet ist klassisches Sparen, etwa in Form von Sparbüchern oder Festgeld, keine geeignete Strategie für den Vermögensaufbau. Ausschlaggebend ist der Realzins, also die Verzinsung nach Abzug der Inflationsrate, und nicht der Nominalzins. Berücksichtigt man den Realzins sowie mögliche Kosten, zeigte sich in der Vergangenheit häufig, dass die Rendite nach den genannten Einflüssen sogar negativ ausfiel. Wer Vermögen beispielsweise für die Altersvorsorge aufbauen oder bestehendes Kapital sichern möchte, sollte daher nach besseren Alternativen suchen.
OM: Wo und wie sollte man momentan sein Geld anlegen, wenn man kurz- und mittelfristig darauf zurückgreifen möchte?
Dr. Bernhardt: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Geld kurz- oder mittelfristig zu parken oder zu investieren. Dabei sollte jedoch immer bedacht werden, dass kurzfristig nicht gleich kurzfristig und mittelfristig nicht gleich mittelfristig ist. Jeder Anleger muss individuell abwägen, welche Risiken er eingehen möchte und wie flexibel seine Geldanlage sein soll. Wie so oft gilt auch hier: Es kommt auf die individuellen Umstände an.
OM: Wenn es um Langfristigkeit geht, werden ja immer Aktien empfohlen: Was empfehlen Sie für dieses Jahr? Welche Fonds? Wie viele Fonds? Wie viel Geld sollte mann/muss man einsetzen?
Dr. Bernhardt: Diese Fragen lassen sich nur durch einen individuellen Finanzplan beantworten. Pauschale Empfehlungen sind nicht zielführend, da die optimale Geldanlage von zahlreichen persönlichen Faktoren abhängt. Auch die Frage, wie viel Geld investiert werden sollte, erfordert eine detaillierte Analyse der Gesamtvermögenssituation und sollte Teil eines fundierten Finanzplans sein.
Bei der Geldanlage zählt weniger die Anzahl der Fonds, sondern vielmehr die Qualität, ein durchdachtes Gesamtkonzept und eine klar definierte Strategie. Eine gute Geldanlage zeichnet sich dadurch aus, dass die einzelnen Investments sinnvoll aufeinander abgestimmt sind und gemeinsam eine übergeordnete Strategie verfolgen. Ein wahlloses Zusammenstellen von Fonds birgt unerwartete Risiken und führt meist zu ineffizienten Ergebnissen.
OM: 2024 war ja ein erfolgreiches Aktienjahr: Gilt das bekannte Zitat „Kaufen Sie Aktien und nehmen Sie Schlaftabletten“ (Danach wache man reich auf) auch noch 2025?
Dr. Bernhardt: Die Frage ist widersprüchlich. Richtig ist, dass Aktieninvestments langfristig angelegt sein sollten und man nicht kurzfristig auf das investierte Kapital angewiesen sein darf. Deshalb spielt es keine Rolle, ob wir uns im Jahr 2025, 2026 oder 2027 befinden. Entscheidend ist ein überzeugendes Anlagekonzept mit integriertem Risikomanagement, dem man konsequent treu bleibt.
Der genaue Einstiegszeitpunkt ist dabei zweitrangig, da es ohnehin unmöglich ist, den perfekten Moment zu erwischen. Viel wichtiger ist es, am Markt teilzuhaben, anstatt nur von der Seitenlinie zuzusehen. Ein bekanntes Zitat bringt es auf den Punkt: „Wer den Abschwung nicht mitmacht, war beim Aufschwung auch nicht dabei.“
OM: Trump, KI-Hype … Welche Risiken gibt es aktuell bei Aktien? Droht da nicht eine riesige Tech-Blase, gerade in den USA, zu platzen? Oder bietet das den Anlegern große Chancen?
Dr. Bernhardt: Eine Blase entsteht, wenn die Bewertungen den tatsächlichen Unternehmensgewinnen deutlich vorauseilen. Ob eine Blase letztendlich platzt oder nicht, hängt unter anderem davon ab, ob die Gewinne die hohen Bewertungen wieder einholen können. Das bleibt abzuwarten. Die Herausforderung besteht darin, mit einer durchdachten Strategie auf diese Unsicherheiten vorbereitet zu sein. Die Frage, ob sich daraus eine große Chance ergibt, klingt eher nach Spekulation und hat mit einem vernünftigen, langfristig orientierten Investieren wenig zu tun.
OM: Ein Beispiel für einen bekannten Index ist der MSCI World: Ist der sinnvoll oder ist er zu abhängig von den US-Firmen (siehe Gefahr Frage vorher)?
Dr. Bernhardt: ETFs, die den MSCI World abbilden, sind bei privaten Anlegern äußerst beliebt. Allerdings werden die mit diesem Index verbundenen Risiken oft unterschätzt. Der hohe Anteil der USA macht den MSCI World nahezu ineffizient, da es bei vergleichbarem Risiko sinnvoller sein kann, direkt in US-Indizes zu investieren.
Zusätzlich ist der Index stark auf einige wenige Großunternehmen konzentriert. Diese wenigen Aktien bestimmen maßgeblich die Bewegungen des gesamten Index. Wer bereit ist, sein Vermögen in diese Handvoll Unternehmen zu investieren – und das ohne ein aktives Risikomanagement –, mag sich damit wohlfühlen. Für mich persönlich wäre dieses Risiko jedoch zu hoch. Ich bevorzuge fundierte und, idealerweise, wissenschaftlich basierte Anlagekonzepte, die breiter diversifiziert sind.
OM: Welche Aktien lohnen sich 2025? Lohnt es sich noch in die US-Tech-Firmen wie Amazon, Nvidia, Apple zu investieren?
Dr. Bernhardt: Wenn ich das wüsste, würde ich Ihre Fragen von meiner Yacht aus beantworten. Niemand kann in die Zukunft blicken. Daher mein Appell: Setzen Sie sich nicht zu sehr auf Einzelinvestments fest. Im Zentrum jeder Geldanlage sollte immer die Gesamtstrategie stehen.
OM: Welche Aktien lohnen sich überhaupt nicht? Ist es jetzt sinnvoll in deutsche Autohersteller wie VW oder BMW zu investieren?
Dr. Bernhardt: Auch hier kann ich nur auf die vorherige Antwort verweisen. Vielleicht erleben unsere Autohersteller die Renaissance des Jahrhunderts, oder vielleicht wird der ein oder andere insolvent gehen. Zugegeben, beides erscheint eher unwahrscheinlich, aber in dieser Bandbreite werden sie sich mit Sicherheit bewegen.
OM: Der Bitcoin-Hype ist auch dank Trump größer denn je, viele Menschen, vor allem im Internet, werben dafür: Soll man nun in Bitcoin investieren oder lieber die Finger lassen? Ist es gar dumm, nicht auf diesen Zug aufzuspringen (wenn man vor allem bestimmte Influencer/„Experten“ hört, könnt man das ja sofort glauben)?
Dr. Bernhardt: Von den Inhalten der meisten Influencer rate ich grundsätzlich ab. Oft fehlt es an fundierter Ausbildung, was zu diffus vermitteltetem Halbwissen und teilweise sogar falschen Aussagen führt. Ein weiteres Problem sehe ich bei den meist jungen Influencern, die während des längsten Bullenmarktes der Geschichte aktiv wurden. Sie und ihre Zuschauer kennen im Grunde nur steigende Märkte. Dass es auch anders laufen kann, zeigen die 2000er Jahre, geprägt von der Dotcom-Blase und der globalen Finanzkrise. Diese Perioden verdeutlichen, wie wichtig Risikomanagement ist – oft sogar wichtiger als die Maximierung der Rendite. Deshalb ist es besonders bei der Investition in Kryptowährungen ratsam, ein solides Risikomanagement zu integrieren. Wer offen für Kryptowährungen ist, sollte auf jeden Fall nur einen kleinen Teil seines Kapitals investieren. Es gibt mittlerweile moderne und interessante Anlagekonzepte, die diese Anforderungen erfüllen und eine echte Alternative für Kryptoinvestoren darstellen können.
OM: Worauf sollte man bei Bitcoin/Kryptowährungen achten?
Dr. Bernhardt: Wie bei jedem Investment ist es wichtig, die zugrunde liegenden Marktmechanismen zu verstehen. Dazu gehören die Handelbarkeit sowie die Risiken, die mit der jeweiligen Anlage verbunden sind. Im Bereich der Krypto-Investitionen ist es zusätzlich ratsam, sich mit den dahinterstehenden Technologien vertraut zu machen.
Wer mit Kryptowährungen handeln möchte, sollte unbedingt eine seriöse, regulierte Plattform wählen, die nachweislich über entsprechende Sicherheitsvorkehrungen verfügt. Ich erinnere hier an die Börse FTX, die Milliarden an Kundengeldern veruntreut hat. Investoren sollten außerdem darauf achten, dass die Plattform ausreichend Liquidität bereitstellt, um einen reibungslosen Handel zu ermöglichen.
Gerade im Kryptobereich spielt die sichere Verwahrung eine entscheidende Rolle. Daher ist es wichtig, ein sicheres Wallet zu wählen und den Private Key stets sorgfältig zu verwahren. Wer über börsengehandelte Produkte in Kryptowährungen investieren möchte, sollte zudem auf die Besicherung dieser Produkte achten.
OM: Was ist mit Immobilienkäufen? Soll man derzeit abwarten, bald zuschlagen oder es gar sein lassen? Worauf kommt es dabei an? Wie wird das Jahr in diesem Bereich?
Dr. Bernhardt: Auch Immobilien können eine interessante Komponente beim Vermögensaufbau darstellen. Ob es sich lohnt, in Immobilien zu investieren, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Immobilien führen häufig zu einem hohen Klumpenrisiko, mit dem man gut umgehen muss. Für interessierte Immobilieninvestoren bieten sich hier gegebenenfalls spezielle Immobilienstrategien an.
Bei einem Immobilieninvestment sollten neben den Kriterien der Immobilie selbst auch weitere Faktoren berücksichtigt werden. Besonders wichtig sind die Gesamtrendite im Vergleich zu den Darlehenszinsen. Dabei bezieht sich die Gesamtrendite nicht nur auf die Mieteinnahmen. Wenn man gezielt in ausgewählte Immobilien investiert, kann man die Gesamtrendite deutlich attraktiver gestalten. Weniger entscheidend ist in diesem Fall der genaue Zeitpunkt des Kaufs, viel wichtiger ist die Verfügbarkeit. Die Nachfrage nach derartigen Immobilien bleibt hoch, während das Angebot begrenzt ist.
Insgesamt ist von einem Kauf ohne seriöse fachliche Beratung abzuraten, insbesondere bei Immobilieninvestments. Die Komplexität und die zahlreichen Fallstricke können schnell zu einem unrentablen Investment führen.
OM: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Bernhardt.
Dr. Bernhardt: Sehr gerne.