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Anlageklassen, Anlage-Allokation, Risiko und Diversifikation
Die Welt der Finanzen kann mit ihren Fachbegriffen und komplexen Konzepten oft verwirrend wirken. In dieser Artikelreihe möchten wir Ihnen eine leicht verständliche Einführung in die Portfoliotheorie geben – ein fundamentales Konzept, das Ihnen dabei hilft, Ihre Finanzentscheidungen besser zu verstehen und zu treffen.
Teil 1: Anlageklassen
Der Mensch nutzt Kategorien, um Ordnung zu schaffen und Dinge besser zu verstehen. Ähnlich wie wir Verkehrsmittel in Flugzeuge, Züge, Autos und Schiffe einteilen, gibt es auf dem Finanzmarkt auch solche Kategorien, die als Anlageklassen (engl. Asset Classes) bezeichnet werden. Jede Anlageklasse hat spezifische Eigenschaften wie erwartete Rendite, Risiko und rechtliche/regulatorische Rahmenbedingungen. Investitionen, die ähnliche Merkmale teilen, werden in einer gemeinsamen Anlageklasse zusammengefasst. Eine vorläufige grobkörnige Einteilung von verschiedenen Anlageklassen ist.
Aktien | Festverzinslich | Liquidität |
Dabei kann man bei Aktien die höchste Rendite erwarten, aber auch das höchste Risiko. Dies beruht auf einem grundlegenden Prinzip der Portfoliotheorie: Die erwartete Rendite steigt mit dem eingegangenen Risiko. Die Frage, warum die erwartete Rendite bei Aktien am höchsten ist, ist daher irreführend. Stattdessen sollte man fragen, warum das eingegangene Risiko bei Aktien am höchsten ist.
Der entscheidende Unterschied liegt in der rechtlichen Perspektive. Wenn man in Aktien investiert, wird man zum Anteilseigner des entsprechenden Unternehmens. Bei Anleihen hingegen leiht man dem Unternehmen Geld und wird somit zum Kreditgeber.
Im Falle der Firmeninsolvenz werden zuerst die Kreditgeber bedient, da sie rechtlich Vorrang haben. Das bedeutet, dass nach der Bedienung der Schulden des Unternehmens nur noch begrenztes Vermögen für die Aktionäre übrig bleiben kann, was das Risiko erhöht, dass die Aktionäre keinen Gewinn erzielen.
Liquidität, also das Halten von Barmitteln, birgt das geringste Risiko, obwohl es ein Irrglaube ist zu denken, dass Liquidität gar kein Risiko hat. Bei einer Währungsreform oder der Insolvenz der Bank, bei der das Konto geführt wird, kann Liquidität verschwinden. Solche Ereignisse sind jedoch eher unwahrscheinlich, weshalb die Rendite von Liquidität gering ist. Hier erkennen wir einen grundlegenden Mechanismus: Kapitalmärkte funktionieren auf der Basis von Wahrscheinlichkeiten.
Genauso wie Verkehrsmittel feiner unterteilt werden können, zum Beispiel in Helikopter und Flugzeuge, ist auch eine detailliertere Kategorisierung bei Finanzanlagen üblich.
Aktien | Festverzinslich | Liquidität | |||||
Mega | Large | Mid | Small | Micro | Staatsanleihen | Unternehmens-anleihen | Bargeld, Girokonto |
Lassen Sie uns wieder bei Aktien anfangen. Eine Aktie repräsentiert einen Anteil an einem Unternehmen. Wenn man alle ausgegebenen Aktien eines Unternehmens besitzt, gehört einem automatisch das gesamte Unternehmen. Das Kapital, das erforderlich ist, um alle Aktien eines Unternehmens zu kaufen, wird als Marktkapitalisierung bezeichnet (engl „Market Cap“). Üblicherweise werden Unternehmen basierend auf ihrer Marktkapitalisierung in verschiedene Kategorien eingeteilt: Mega Caps, Large Caps, Mid Caps, Small Caps und Micro Caps.
Größere Unternehmen mit hoher Markt- und Preissetzungsmacht haben in der Regel ein geringeres Risiko und damit auch eine erwartete Rendite, die niedriger ist. Im Gegensatz dazu weisen kleinere Unternehmen mit einem höheren Risiko einer möglichen Insolvenz eine unterschiedliche Risikostruktur innerhalb der übergeordneten Anlageklasse auf.
Wenn wir tiefer in die Welt der festverzinslichen Anlagen eintauchen, können wir allgemein zwischen den Emittenten unterscheiden: Staaten und Unternehmen. Hier finden wir ebenfalls unterschiedliche Renditen, da die Rückzahlungswahrscheinlichkeiten variieren können. Anleihen von Staaten, bei denen eine gewisse Unsicherheit über die Rückzahlung besteht, werden zu einer höheren Rendite gehandelt als Anleihen von Ländern mit guter Bonität, wie zum Beispiel Deutschland. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wertpapier am Ende der Laufzeit vollständig zurückbezahlt wird, wird hier also preislich berücksichtigt. Ähnliches gilt auch für Unternehmensanleihen.
In beiden Fällen werden Anleihen mit niedriger Bonität als „Junk-Bonds“ oder „High-Yield-Bonds“ bezeichnet.
Zusätzlich zu diesen beiden Unterkategorien gibt es auch Schuldverschreibungen und Pfandbriefe als weitere Formen von festverzinslichen Wertpapieren.
Eine besondere Stellung nehmen sog. Hybride ein. Bleiben wir beim Beispiel der Verkehrsmittel, dann ähneln solche Hybride Amphibienfahrzeugen, wie sie beispielsweise in Salzburg zum Einsatz kommen und Touristen sowohl auf der Straße als auch auf der Salzach die Stadt erkunden können. Ebenso gibt es auf dem Kapitalmarkt solche hybriden Formen, die zur Gruppe der festverzinslichen Wertpapiere gehören, aber die Option haben, in Eigenkapital (Aktien) umgewandelt werden zu können. Aus diesem Grund werden solche Wertpapiere als „Wandelanleihen“ bezeichnet.
Eine weitere Kategorisierung bei festverzinslichen Wertpapieren bezieht sich auf die (Rest)Laufzeit, also den Zeitraum zwischen (Kauf) Ausgabe des Wertpapiers und dem Zeitpunkt, zu dem die Anleihe zurückgezahlt wird. Hier gilt, dass die Rendite umso geringer ist, je kürzer die Laufzeit ist. Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür liegt in der Risikokomponente. Wenn man den Kredit schneller zurückbezahlt bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen zahlungsunfähig wird und man nicht vollständig bedient wird, geringer.
Es gibt noch zahlreiche weitere Anlageklassen mit ihren jeweils eigenen Charakteristika und Verhaltensweisen. Ohne ins Detail zu gehen sind das Rohstoffe, Währungen, Private Equity, Immobilien, Sammlerstücke, Derivate und Volatilität.