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Teil 3: Diversifikation und Moderne Portfoliotheorie
Diversifikation
Zusätzlich zum systematischen Risiko existiert noch das unsystematische (idiosynkratische oder unternehmensspezifische) Risiko. Dieses Risiko ist gezielt mit bestimmten Unternehmen oder Branchen verbunden und entsteht beispielsweise durch Wettbewerbsfaktoren, rechtliche Umstände oder Managemententscheidungen.
An dieser Stelle kommt das Konzept der Diversifikation ins Spiel. Diversifikation ist letztlich eine übergeordnete Investmentstrategie, mit der das gesamte Risiko eines Portfolios auf die Investments verteilt und verkleinert wird.
Im Gegensatz zum systematischen Risiko kann das idiosynkratische Risiko durch Diversifikation reduziert werden.
Das heißt also, dass durch die Streuung des Kapitals ein Investor die negativen Auswirkungen eines einzelnen Wertpapiers auf das Portfolio reduzieren kann.
Diversifikation findet auf verschiedenen Ebenen statt. Diese Ebenen werden durch den Risikotypen bestimmt.
In der Wissenschaft gibt es drei Risikotypen von Anlegern: risikoaffin, risikoneutral und risikoavers.
Ein risikoaffiner Anleger ist bereit, bewusst Risiken einzugehen, um die damit verbundenen Risikoprämien zu nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass ein solcher Anleger nicht diversifiziert sein sollte. Man kann beispielsweise ein riskantes Aktienportfolio nach Länder bzw. geografische Regionen oder Branchen aufteilen.
Ebenso kann ein risikoaverser Anleger, also ein solcher, der das Risiko scheut, vorgehen. Allerdings wird er möglicherweise geringere Risikoprämien auf dem Anleihenmarkt nutzen.
Ein risikoneutraler Investor möchte in der Regel sein Gesamtportfolio zumindest nicht vollständig einem hohem Risiko aussetzen. Er hat die Möglichkeit, sein Vermögen über verschiedene Anlageklassen und deren spezifischen Risikoprämien zu streuen. Eine Diversifikation über Anlageklassen stellt eine weitere, übergeordnete Ebene dar. Wie bereits im Teil 1 dieser Aufsatzreihe herausgearbeitet, weisen Anleihen oder Rohstoffe signifikant andere Risikomerkmale auf. Dadurch können potenzielle Verluste in einer Anlageklasse durch mögliche Gewinne in einer anderen ausgeglichen werden.
Eine oft selbst von professionellen Anlegern nicht beachtete letzte Ebene der Diversifikation liegt in der Anlagestrategie selbst. Es gibt keinen heiligen Gral des Investierens. Was es hingegen gibt sind Strategien, die je nach weltwirtschaftlicher Situation mal besser und mal schlechter funktionieren. Ein Einblick und Überblick über verschiedene Anlagestrategien folgt in einem weiteren Artikel.
Insgesamt sind die Umstände des Investors entscheidend, welche Ausgestaltung die Diversifizierung haben muss. Neben persönlichen Umständen ist die steuerliche Situation, der Anlagehorizont, regulatorische und rechtliche Gegebenheiten und natürlich die Risikoneigung zu berücksichtigen. Für eine genaue Ausgestaltung bietet beispielsweise eine professionelle Finanzplanung Unterstützung.
Fakt ist, dass für einen langfristigen Anlageerfolg Diversifikation eine der wenigen Determinanten ist, die maßgeblich zu diesem Erfolg beitragen. Wie der Ökonom und Nobelpreisträger Harry Markowitz einst sagte
“There is no free lunch except diversification”
was man mit “man bekommt [auf den Finanzmärkten] nichts geschenkt, außer Diversifikation“ übersetzen kann. Wie man sich dieses „free lunch“ zu Nutze macht erläutern wir im dritten Teil.
Moderne Portfoliotheorie
Die Moderne Portfoliotheorie ist ein vom Nobelpreisträger Harry Markowitz in den 1950er entwickeltes Konzept, das auf zwei grundlegenden Prinzipien beruht: Diversifikation und Effizienz.
Das Hauptziel der Theorie ist es, das Risiko eines Portfolios durch Diversifikation zu minimieren, ohne die potenzielle Rendite zu beeinträchtigen. Hintergrund dieser Überlegung ist die sogenannte Effizienzlinie (engl. efficient frontier). Stellen Sie sich vor, sie sind ein risikoaffiner Investor, akzeptieren aber nur einen bestimmten Grad an Risiko. Dazu mischen Sie in ihrem Portfolio verschiedene Anlageklassen wild durcheinander und berechnen im Anschluss das Risiko und die erwartete Rendite des von Ihnen konstruierten Portfolios. Es ist durchaus möglich, dass es andere Kombinationen der Anlagen gibt, die bei gleichem Risiko eine höhere erwartete Rendite haben. Sie wählen dann natürlich jene Kombination, bei der sie mit ihrem akzeptierten Risiko die höchste Rendite erwarten können. Ein anderer Investor ist noch viel risikofreudiger als Sie und er akzeptiert ein höheres Risiko. Er wird zwar auch verschiedene Anlagen mischen (diversifizieren), aber er verwendet hauptsächlich Anlagen mit einer höheren Risikoprämie. Auch er wird dann die Kombination wählen, die bei seinem akzeptierbaren Risiko die maximale erwartete Rendite abwirft.
In beiden Fällen gibt es aber stets eine natürliche Begrenzung, nämlich die maximale erwartete Rendite bei gegebenen Risiko. In anderen Worten, bei einem akzeptierten Risiko gibt es eine maximal mögliche Rendite. Eine noch höhere erwartete Rendite ist nur möglich, wenn man mehr Risiko akzeptiert.
Die Effizienzlinie ist dann zu jedem Risikoniveau die dazugehörige maximale zu erwartende Rendite.
Den anderen Startpunkt kann man natürlich auch wählen. Möchte ein Investor eine bestimmte Rendite erzielen (beispielsweise weil er davon Darlehen bezahlen oder Ausschüttungen erzielen muss), dann muss er bereit sein, das dazugehörige Risiko einzugehen.
Nichtsdestotrotz sollten Investoren immer bestrebt sein, Portfolios zu konstruieren, die entlang dieser Effizienzlinie liegen, um die bestmöglichen Renditen für das eingegangene Risiko zu erzielen.
Die Moderne Portfolio Theorie ist ein großes mathematisches Konstrukt. Das faszinierende an der Mathematik ist, dass man Theorien in einer Einfachheit darstellen und mit einer Klarheit beweisen kann, dass keine Interpretationsspielräume übrig bleiben.
Die Moderne Portfolio Theorie zeigt, dass durch die Diversifikation eines Portfolios das Risiko reduziert werden kann, ohne dass die erwartete Rendite erheblich abnimmt.
Die Grundgedanken der Modernen Portfolio Theorie wurden im Laufe der Zeit sowohl von Praktikern, als auch von Theoretikern stetig weiterentwickelt.
Insgesamt bildet die Moderne Portfoliotheorie eine wertvolle Basis für Anleger, um ihre Anlageentscheidungen auf wissenschaftlichen Prinzipien zu begründen und ihre Portfolios auf eine Weise zu strukturieren, die ihren individuellen Rendite-Risiko-Präferenzen am besten entspricht.
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