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Wie funktioniert unser Geldsystem? - Teil 1: Es werde Geld

Zentralbanken und Geldmärkte spielen eine essenzielle Rolle im globalen Finanzsystem und sind ein zentraler Bestandteil der Kapitalmärkte. Doch die Zusammenhänge und Hintergründe sind nicht so leicht zu durchschauen, wie man zunächst vermuten mag. Ebenso ist vielen Menschen nicht vollständig bewusst, welchen Einfluss Zentralbanken und Geldmärkte grundsätzlich auf jeden Einzelnen ausüben.

Dieser Beitrag soll in Grundzügen helfen, diese Zusammenhänge und Wirkungsweisen nachzuvollziehen.

Was ist Geld eigentlich?

In Lehrbüchern wird die Frage nach der Definition von Geld oft mit einer Aufzählung seiner Funktionen beantwortet, nämlich als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Dabei werden auch Vorteile wie die Teilbarkeit des Geldes häufig erwähnt. All dies ermöglicht zweifellos einen bequemen und praktischen Umgang im alltäglichen Wirtschaftsleben, doch eine zufriedenstellende Antwort ist damit nicht gegeben.

Bei genauerem Studium findet man oft im Zusammenhang mit der Definition weitere Informationen zu den verschiedenen Formen von Geld oder zur Geschichte des Geldes.

Geld kann heutzutage vielfältige Gestalt annehmen. Die offensichtlichsten Formen sind Bargeld, Kontostände, digitales Geld oder auch Schulden. Allerdings wird damit nicht die Frage beantwortet, was Geld eigentlich ist, sondern eher wie Geld aussehen kann.

Die Geschichte des Geldes zeigt, dass die Urformen von Geld auf Naturalwaren wie Felle oder Vieh zurückgehen. Dieses Naturalgeld wurde dann im Laufe der Zeit von Waren wie Gold, Salz oder Muscheln ergänzt oder abgelöst.

Doch die eigentliche Frage, was Geld eigentlich ist, wird nur selten erörtert. Geld stellt im Wesentlichen eine Wechselwirkung aus Versprechen und Vertrauen dar, die zu einer allgemeinen Akzeptanz führt. Auf der einen Seite gibt es das Versprechen, dass Geld gegen einen entsprechenden Gegenwert eingetauscht werden kann, und auf der anderen Seite steht das Vertrauen, dass dieses Versprechen auch eingehalten wird. Es wird deutlich, dass dieser Zusammenhang besonders offensichtlich wird, wenn man sich bewusst macht, dass das Geld, wie wir es heute kennen, an sich wertlos ist. Die Herstellungskosten belaufen sich auf Cent-Beträge.

Es wird klar, dass Geld viel abstrakter zu verstehen ist, als man ursprünglich annehmen mag.

Das Geld, das wir heute kennen und letztendlich als „greifbares Vertrauen“ betrachten, ist in Wirklichkeit gar nicht so greifbar. Der Großteil des Geldes existiert in Form von Bits und Bytes und liegt auf den Servern der Banken. Nur ein Bruchteil des tatsächlich vorhandenen Geldes besteht aus Münzen und Scheinen. Um die verschiedenen Erscheinungsformen von Geld voneinander abzugrenzen, wird das Geld in drei Kategorien, die als Geldmengen bezeichnet werden, eingeteilt.

Geldmenge M1, M2 und M3

Die Geldmenge bezieht sich auf die Gesamtmenge an Geld, die in einer Volkswirtschaft im Umlauf ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) definiert drei monetäre Aggregate: M1, M2 und M3. Die eng gefasste Geldmenge M1 bezieht sich auf die unmittelbaren Zahlungsmittel der Nichtbanken und umfasst den Bargeldumlauf (Banknoten und Münzen) und die täglich fälligen Sichteinlagen (Giralgeld) bei den Kreditinstituten. Die mittlere Geldmenge M2 beinhaltet M1 und darüber hinaus Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren und Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten. Die weit gefasste Geldmenge M3 enthält zusätzlich zu M2 auch Verbindlichkeiten aus Repogeschäften, Schuldverschreibungen mit Laufzeiten bis zu zwei Jahren inklusive Anteile von Geldmarktfonds und Geldmarktpapieren. Im Allgemeinen bezieht sich die Geldmenge auf M3. Jedes Aggregat erfasst verschiedene Geldvermögen und ermöglicht so eine differenzierte Analyse der Geldversorgung in der Wirtschaft. Die EZB steuert die Geldpolitik im Euroraum und hat insbesondere die Geldmenge M3 im Fokus.

Die verschiedenen Geldmengen dienen als konzeptionelle Kategorien, um die verschiedenen Erscheinungsformen von Geld zu klassifizieren. Als nächstes werden wir uns damit beschäftigen, woher das Geld eigentlich stammt, das wir in diese Kategorien einordnen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Geldmenge eine bedeutende Rolle in der Geldpolitik spielt. Insgesamt sind die monetären Aggregate und die Geldmengensteuerung durch die EZB wichtige Instrumente zur Regulierung der Geldpolitik im Euroraum. Sie dienen dazu, die Geldversorgung zu steuern und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beeinflussen. Wie wir im weiteren Verlauf sehen werden, ermöglicht eine umfassende Analyse der Geldmenge, die Auswirkungen auf die Inflation, die Zinssätze und das Wirtschaftswachstum zu verstehen.

Wie entsteht modernes Geld?

Um dieser Frage nachzugehen, müssen wir zunächst zwischen Bargeld und Buchgeld unterscheiden. Als Bargeld bezeichnen wir Münzen und Scheine, deren Herstellung ausschließlich durch die Zentralbank erfolgt. Buchgeld hingegen wird von Privat- und Geschäftsbanken durch die private Kreditvergabe an Haushalte oder Unternehmen erzeugt. Dieser Prozess wird als Geldschöpfung bezeichnet und stellt den Mechanismus dar, durch den neues Geld in die Wirtschaft gelangt.

Interessanterweise entsteht Geld praktisch aus dem Nichts. Stellen Sie sich vor, Sie schreiben eine beliebige Zahl auf einen Zettel und diese Zahl wird zu Geld. Dieses Vorgehen veranschaulicht im Grunde genommen, wie Banken Geld schöpfen. Allerdings erfolgt dieser Prozess heutzutage digital, indem die Bank den entsprechenden Betrag auf dem Konto des Kunden gutschreibt – wir nennen das Kredit.

Hierbei ist zu beachten, dass die Bank die Kredithöhe nicht als Einlage vorliegen haben muss und auch nicht als physische Reserven in ihrem Tresor halten muss. Banken können mehr Geld ausleihen, als sie tatsächlich als physische Reserven besitzen. Sie müssen lediglich eine Mindestreserve (einen kleinen Prozentsatz des Kredits) bei der Zentralbank halten, um ausreichende Liquidität und ein stabiles Bankensystem zu gewährleisten.

Die Möglichkeit der Banken, je nach Bedarf Geld zu schöpfen, ist einer der Gründe, warum unser Geldsystem als Fiat-System bezeichnet wird. Das Wort „fiat“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „es werde“. Das Fiat-Geldsystem bedeutet also im Wesentlichen, dass Geld durch einen gesetzlichen Beschluss geschaffen wird.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Vertrauen der Menschen in dieses Fiat-Geldsystem von entscheidender Bedeutung ist. Solange das Vertrauen in die Werthaltigkeit und die Akzeptanz des Geldes erhalten bleibt, kann das Fiat-Geld seinen Zweck als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel erfüllen.


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