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Wie funktioniert unser Geldsystem? – Teil 2: Die Rolle der Zentralbank
Eine zentrale Rolle in unserem Geldsystem nimmt die Zentralbank ein, da sie quasi als die Bank der Banken agiert und letztendlich die Kontrolle über die Geldmenge ausübt. In unserem System ist die Zentralbank die einzige Institution, die befugt ist, Bargeld zu produzieren. Aus diesem Grund wird eine Zentralbank auch als Notenbank bezeichnet. Jede Geschäftsbank unterhält ein Konto bei der Zentralbank. Diese Kontostände bilden zusammen mit dem Bargeld die sogenannte monetäre Basis oder Zentralbankgeld, das oftmals in der Literatur auch als Geldmenge M0 bezeichnet wird.
Aber warum haben Geschäftsbanken ein Konto bei der Zentralbank? Wie bereits im ersten Teil erläutert, sind Geschäftsbanken verpflichtet, Mindestreserven bei der Zentralbank zu halten. Diese Reserven werden in Form von Zentralbankgeld auf den genannten Konten geführt. Ein weiterer Grund für ein Konto bei der Zentralbank sind Zahlungen zwischen den Geschäftsbanken. Wenn Kunden der Geschäftsbank A an einem Tag Gelder an Kunden der Geschäftsbank B überweisen (und umgekehrt), führt dies zu Veränderungen der Mindestreserveforderungen, die die Geschäftsbanken bei der Zentralbank halten müssen und somit zu Anpassungen derer Kontostände. Natürlich wird nicht jede einzelne Überweisung bei der Zentralbank erfasst, vielmehr wird einmal am Tag der Saldo zwischen den Banken festgestellt und dann dieser Unterschiedsbetrag auf den Zentralbankkonten der jeweiligen Geschäftsbanken angepasst. Dieses Vorgehen nennt man „Intraday Clearing“. Zuletzt kann eine Geschäftsbank auch jederzeit das Guthaben bei der Zentralbank in Bargeld tauschen, wenn sie Bargeld für Auszahlungen benötigt. Für all diese Transaktionen benötigt man Zentralbankgeld, was ein Konto bei der Zentralbank unabdingbar macht.
Was passiert, wenn eine Geschäftsbank mehr Bargeld benötigt, als sie Einlagen auf ihrem Zentralbankkonto hat? In einem solchen Fall hat eine Geschäftsbank verschiedene Möglichkeiten die fehlende Differenz auszugleichen. Eine davon ist die Aufnahme eines Zentralbankkredites.
Ähnlich wie Geschäftsbanken können Zentralbanken Geld aus dem Nichts erschaffen, indem sie Zentralbankgeld den Konten der Geschäftsbanken gutschreibt, also den Geschäftsbanken einen Kredit gewährt. Als Gegenzug erhält die Zentralbank von der entsprechenden Geschäftsbank als Pfand bzw. Sicherheit Wertpapiere, zumeist Staatsanleihen.
Es ist auch denkbar, dass sich eine Geschäftsbank kurzfristig Liquidität von einer anderen Geschäftsbank leiht. Dieser Kredit unter Geschäftsbanken wird dann auch über die Zentralbank bzw. Zentralbankkonten abgewickelt.
Die Aufnahme eines Zentralbankkredites ist eine Möglichkeit, wie Zentralbankgeld in den Wirtschaftskreislauf gelangen kann.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Zentralbank das von ihr geschöpfte Geld verwendet, um Wertpapiere wie Staatsanleihen von den Banken zu erwerben. In diesem Fall spricht man von Offenmarktgeschäften (also Käufe und Verkäufe am offenen Markt), bei denen die Zentralbank das von ihr geschöpfte Geld in den Markt pumpen oder daraus abziehen kann.
Die Änderung der Geldmenge im Allgemeinen und die Änderungen des Mindestreservesatzes und Offenmarktgeschäften im Speziellen beeinflussen also die Liquidität der Banken und ihre Bereitschaft zur Kreditvergabe, was sich wiederum auf die wirtschaftliche Aktivität auswirkt. Warum das so ist, werden wir im vierten Teil betrachten.
Hält eine Bank mehr als die Mindestreserve, dann spricht man von der Überschussreserve. In beiden Fällen kann die Zentralbank für dieses Guthaben Zinsen bezahlen. Dieser Zinssatz gehört zu den Hauptzinssätzen der Zentralbank und bildet neben den beiden Einflussfaktoren Offenmarktgeschäfte und Reservesatz eine weitere und wohl die wichtigste Möglichkeit für die Zentralbank Geldpolitik zu betreiben und damit Einfluss auf die Wirtschaft zu nehmen.