Was ist Inflation und wie entsteht sie?
Die Inflation ist ein anhaltender Prozess, bei dem das allgemeine Preisniveau kontinuierlich ansteigt und das Geld an Wert verliert. Wichtig dabei sind die Wörter anhaltend und allgemein. Man spricht nicht von Inflation, wenn sich Preise von einigen wenigen Gütern nur kurzzeitig erhöhen (z.B. durch Missernte oder Streik).
Inflation kann drei Ursachen haben, nämlich Nachfrageinflation, Angebotsinflation oder Geldmengeninflation.
Bei der Nachfrageinflation (engl. Demand-pull inflation) steigt die Nachfrage nach Gütern stärker als das Angebot. Dies kann durch einen Anstieg des privaten Konsums, private und staatliche Investitionen oder die Nachfrage aus dem Ausland verursacht werden. Wenn die Unternehmen mit der Produktion nicht Schritt halten können, erhöhen sie die Preise, um das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage wiederherzustellen.
Die Angebotsinflation kann in Kosteninflation (engl. Cost-push inflation) und Gewinninflation unterteilt werden. Bei der Kosteninflation steigen die Produktionskosten, zum Beispiel aufgrund gestiegener Rohstoffpreise oder höherer Lohnkosten, schneller als die Produktivität der Unternehmen. Dies zwingt die Unternehmen dazu, die Preise anzuheben, um ihre Kosten zu decken. Die Gewinninflation hingegen entsteht durch flächendeckende Marktmacht, wie zum Beispiel Monopole, die ein höheres Preisniveau durchsetzen können. Allerdings ist die Kosteninflation relevanter und häufiger anzutreffen.
Die Geldmengeninflation tritt auf, wenn die Geldmenge schneller wächst als die Produktion von Waren und Dienstleistungen. Dies geschieht, wenn beispielsweise die Zentralbank mehr Geld in Umlauf bringt, als für die wirtschaftliche Entwicklung erforderlich ist. Lesen Sie mehr zu Geldmenge, Geldschöpfung und Zentralbank. Wenn zu viel Geld auf zu wenige Güter trifft, erhöhen sich in der Regel die Preise. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Immobilienmarkt, bei dem Kredite aufgenommen werden, um bereits vorhandene Immobilien zu kaufen. Dadurch fließt zwar viel Geld in den Immobilienmarkt, jedoch erhöht dies nicht das Bruttoinlandsprodukt (da die Häuser bereits existieren), und die Preise steigen automatisch an.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Inflation ein komplexes Phänomen ist und von vielen Faktoren beeinflusst wird. Zudem können sich die Auswirkungen der Inflation je nach Wirtschaftssystem und Zeitraum unterscheiden.
Wie misst man Inflation?
Die Messung der Inflation erfolgt in der Regel durch die offiziellen Statistikbehörden, wie beispielsweise das Statistische Bundesamt in Deutschland. Dabei wird der sogenannte Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet.
Der VPI stellt einen repräsentativen Warenkorb dar, der die Waren und Dienstleistungen enthält, die ein durchschnittlicher Privathaushalt in Deutschland für Konsumzwecke verwendet. Dieser Warenkorb umfasst verschiedene Kategorien wie Lebensmittel, Verkehrsmittel, Freizeitaktivitäten, Reparaturen usw.
Monatlich werden die Preise für die im Warenkorb enthaltenen Güter und Dienstleistungen manuell erhoben. Dabei werden auch indirekte Preiserhöhungen, wie beispielsweise eine Verringerung des Inhalts bei gleichbleibendem Preis, sowie Qualitätsentwicklungen berücksichtigt. Die erhobenen Preise werden gewichtet und zu einem Gesamtwert zusammengeführt, der den Verbraucherpreisindex darstellt.
Der Verbraucherpreisindex dient als wichtige Messgröße, um die Inflation zu beobachten und zu analysieren. Er ermöglicht es, Trends im Preisniveau zu identifizieren und die Kaufkraft des Geldes im Laufe der Zeit zu beurteilen.
Weil in die Inflationsberechnung auch sehr schwankungsanfällige Güter, wie z.B. Energie- und Nahrungsmittelpreise mit einfließen, werden in der Kerninflation solche volatilen Preisbewegungen ausgeklammert. Durch eine solche spezifische Maßnahme zur Messung der Inflation erhält man ein genaueres Bild der langfristigen Inflationstrends. Im Gegensatz zur Gesamtinflation, die alle Preise umfasst, konzentriert sich die Kerninflation auf einen Kernbereich der Preise, der als stabiler angesehen wird.
Durch die Fokussierung auf stabilerere Preise ermöglicht die Kerninflation eine genauere Beurteilung der zugrunde liegenden Inflationstrends.
Eine vorgelagerte Rolle der Messung von Preissteigerungen nimmt der Produzentenpreisindex (PPI) ein, der die Veränderungen der Preise von Waren und Dienstleistungen misst, die auf Vorleistungsebene stattfinden. Der PPI gibt Einblicke in die Preisentwicklung in frühen Produktionsstufen und kann als Indikator für zukünftige Veränderungen des Verbraucherpreisindex dienen.
Die verschiedenen Arten der Inflationsmessung dienen dazu, ein umfassendes Bild der Inflation zu erhalten und die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Verbraucher zu verstehen. Jede Methode hat ihre eigenen Vorteile und Einschränkungen, und daher ist es oft sinnvoll, mehrere Maßnahmen zu betrachten, um ein umfassendes Bild der Inflationssituation zu erhalten.
Was ist die Inflationsrate?
Die Inflationsrate ist nun die prozentuale Veränderung des VPI von einem Monat zum gleichen Monat des Vorjahres. Möchte man also wissen, wie hoch die Inflationsrate im Juli eines Jahres ist, dividiert man den aktuellen Juli-Wert des VPI durch den Juli-Wert des vergangenen Jahres.
Warum eine sinkende Inflationsrate ein Trugschluss ist!
Aus zwei Gründen kann die Betrachtung der Inflationsrate allein zu einem Missverständnis führen. Zunächst sagt die Inflationsrate nichts über das Preisniveau selbst aus, sondern nur etwas über die Geschwindigkeit, mit der die Preise steigen.
Eine niedrigere Inflationsrate bedeutet nicht zwangsläufig fallende Preise, sondern lediglich einen langsameren Anstieg der Preise. Das Preisniveau selbst kann immer noch hoch sein.
Zweitens kann der Basiseffekt zu Verzerrungen führen. Wenn die Preise in der Vergangenheit stark angestiegen sind, kann dies zu einer vermeintlich niedrigeren Inflationsrate führen, wenn die aktuellen Preiserhöhungen im Vergleich dazu geringer sind. Anhand eines kleinen Beispiels soll das veranschaulicht werden. Angenommen, wir haben eine beliebige Zahlenreihe
100, 101, 102, 103, 115, 116, 117, 118
und möchten den prozentualen Unterschied zwischen dem heutigen Wert und dem Wert von vor drei Beobachtungen wissen. Das heißt, wir bilden die prozentuale Relation von 100 zu 103, was 3% entspricht. Als nächstes berechnen wir den Anstieg von 101 zu 115, was in etwa 14% ergibt. Führen wir dies weiter fort, erhalten wir eine Reihe mit prozentualen Veränderungen
3%, 14%, 14%, 14%, 3%
Bei der letzten Zahl haben wir nur noch einen Anstieg von 3% und nicht mehr von 14%. Das liegt daran, dass wir die 118 auf das erhöhte Niveau von 115 beziehen und somit automatisch kleinere prozentuale Veränderungen erreichen.
Was bedeutet eine hohe Inflation für die Realwirtschaft?
Eine hohe Inflation kann zu ernsthaften und sogar gefährlichen Problemen in der Realwirtschaft führen.
Zunächst führt sie zu einem Verlust der Kaufkraft, da die Menschen für das gleiche Geld weniger Waren und Dienstleistungen erhalten. Dieser Kaufkraftverlust trifft insbesondere die untere Einkommensschicht schwer und führt zu einer ungewollten Umverteilung von Vermögen.
Darüber hinaus erzeugt hohe Inflation Unsicherheit über zukünftige Preise. Menschen tendieren dazu, ihre Ausgaben vorzuziehen und lieber heute zu kaufen als morgen, aus Sorge, dass die Preise weiter steigen könnten. Dies verstärkt die Nachfrage in der Gegenwart und treibt die Preise weiter an. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass man zu Beginn einer Periode starker Inflation erst einmal eine ungewöhnlich starke Nachfrage sieht.
Ein weiteres Problem ist die Lohn-Preis-Spirale. Bei hoher Inflation fordern Arbeitnehmer und Gewerkschaften oft höhere Löhne, um mit den gestiegenen Kosten Schritt zu halten. Wenn Unternehmen diese steigenden Lohnkosten auf ihre Produkte überwälzen, führt dies zu einer weiteren Preiserhöhung. Es entsteht ein Teufelskreis, bei dem die gestiegenen Gehälter den Kaufkraftverlust durch höhere Preise nicht ausgleichen können.
Hohe Inflation kann auch die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beeinträchtigen. Die Unsicherheit über zukünftige Preise und Kosten führt oft dazu, dass Unternehmen Investitionen zurückhalten oder Projekte verschieben. Dies kann die wirtschaftliche Aktivität und das Wachstum beeinträchtigen.
Insgesamt belastet eine hohe Inflation die Realwirtschaft, indem sie die Kaufkraft verringert, Unsicherheit erzeugt und unerwünschte Effekte wie die Lohn-PreisSpirale verursacht. Es ist von großer Bedeutung, dass Regierungen und Zentralbanken Maßnahmen ergreifen, um die Inflation in einem moderaten und stabilen Bereich zu halten. Dadurch wird die wirtschaftliche Stabilität gewährleistet und das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen gestärkt.
Wie kann man Inflation bekämpfen?
Wie wir oben gesehen haben ist Inflation nicht gleich Inflation. Entsteht Inflation auf der Nachfrageseite, kann man sie relativ zügig wieder in den Griff bekommen. Notenbanken können prinzipiell mit Hilfe ihrer Zinspolitik die Inflation beeinflussen. Wie wir aus dem Artikel wissen, wirkt sich eine Änderung des Leitzinses auf die Kreditvergabe von Banken aus. Wenn weniger Kredite vergeben werden und aufgrund der gestiegenen Zinsen die Menschen mehr sparen und weniger konsumieren, dann wird im Allgemeinen weniger nachgefragt und die Preise sinken.
Findet die Inflation ihren Ursprung hingegen auf der Angebotsseite, ist es nicht so einfach, die hohen Preise durch Geld- und Zinspolitik wieder einzufangen. Allgemein werden bei einer Angebotsinflation (Kosteninflation) die Preise von erhöhten externen bzw. nicht beeinflussbaren Herstellungskosten getrieben (z.B. hohe Rohölpreise, Lieferverzögerungen etc.). In diesem Fall kann die Notenbank mit ihren zinspolitischen Instrumenten die Inflation nicht vollständig bekämpfen, sondern nur eindämmen.
Eine langfristige Strategie zur Bekämpfung von Inflation besteht darin, ein Preisstabilitätsziel zu verfolgen. Dabei legen Zentralbanken ein Inflationsziel fest und setzen ihre geldpolitischen Instrumente ein, um die Inflation in der Nähe dieses Ziels zu halten. In der Regel liegt dieses Inflationsziel bei knapp untere 2 % pro Jahr. Dies kann das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in die Preisstabilität stärken und langfristig zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen.
Es dürfte wenig überraschen, dass die effektive Bekämpfung der Inflation eine komplexe Aufgabe ist und verschiedene Maßnahmen miteinander kombiniert werden müssen. Die Wahl der geeigneten Instrumente hängt von der Ursache der Inflation und der wirtschaftlichen Situation ab.
Was bedeutet Inflation für einen Anleger?
Prinzipiell unterscheiden Anleger zwischen einer nominalen und einer realen Rendite und dann nochmals zwischen einer Brutto- und Nettobetrachtung.
Die nominale Rendite ist die Rendite, die durch das Halten des Wertpapiers entsteht. Bei Aktien zum Beispiel Kursbewegungen plus Dividendenzahlungen, bei Anleihen Kursbewegungen und Zinszahlungen.
Zieht man von dieser Nominalrendite die Inflationsrate ab, so erhält man die Realrendite.
Bei der Finanzplanung spielt es eine zentrale Rolle, auch die Steuern zu berücksichtigen. Kommt man dem nicht nach, überschätzt man signifikant das Erreichen der finanziellen Ziele.
Berücksichtigt man also Steuern, dann sollte man zuerst von der nominalen Bruttorendite den zu leistenden Steuersatz abziehen, um die nominale Nettorendite zu erhalten und von dieser die Inflationsrate. Als Ergebnis erhält man die reale Nettorendite.
Es gilt also, dass Inflation nicht nur in der Realwirtschaft erheblichen Einfluss nimmt, sondern auch in der Finanzwirtschaft.
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