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Quellensteuer und Doppelbesteuerungsabkommen

  1. Was ist eine Quellensteuer?
  2. Beispielrechnung für die Schweizer Quellensteuer
    2.1 Berechnung
    2.2 Rückerstattung der CHF Quellensteuer
  3. Was ist der Unterschied zwischen der Abgeltungssteuer und der Kapitalertragssteuer?
  4. Was ist ein Doppelbesteuerungsabkommen?

1. Was ist eine Quellensteuer?

Die Quellensteuer ist eine Form der Besteuerung, bei der die Steuer auf Einkommen direkt an der Quelle erhoben wird, bevor sie dem Empfänger ausgezahlt wird. Sie kommt vor allem in Ländern vor, die internationale Zahlungen wie Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren an ausländische Personen oder Unternehmen leisten. Das Ziel der Quellensteuer ist es, sicherzustellen, dass ausländische Steuerpflichtige ihre Steuerverpflichtungen erfüllen, indem die Steuer bereits an der Quelle abgezogen und an die Steuerbehörden weitergeleitet wird. Allerdings haben diese ausländischen Steuerzahler ebenfalls die Möglichkeit, eine Rückerstattung der einbehaltenen Quellensteuer zu beantragen und somit eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

2. Beispielrechnung für die Schweizer Quellensteuer

Das Schweizer Pharmaunternehmen Novartis zahlte ihren Aktionären am 13. März 2023 für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 3.20 CHF je Aktie.

2.1 Berechnung

Ein Investor war im Besitz von 100 Aktien und hatte somit einen Anspruch auf 320 CHF Dividende. Bei einem Wechselkurs von 1,019 CHF/EUR sind das 326,06 EUR Bruttodividende. Davon werden 114,12 EUR Quellensteuer abgezogen (35% Schweizer Quellensteuer).

Anschließend werden noch die für deutsche Anleger bekannte Kapitalertragsteuer sowie der Solidaritätsbeitrag in Höhe von insgesamt 34,40 EUR fällig.

Am Ende bleibt dem Anleger somit eine Nettodividende von 177,54 EUR, was einer Steuerlast von 45,55% entspricht.

In diesem Beispiel hat der Anleger einen Anspruch auf 20% (dabei handelt es sich um einen fixen Wert, der seitens der Schweiz festgelegt wird) der Schweizer Quellensteuer, was in diesem Beispiel dem Betrag von 64 CHF bzw. 65,22 EUR entspricht.

Dem aufmerksamen Leser fällt auf, dass die Kapitalertragssteuer in Euro 16,2% betrug. Wenn man nun aber den zurückholbaren Betrag in Euro zur obige Nettodividende von 177,54 EUR addiert, erhält man die gewohnte Steuerlast von 25,55%.

2.2 Rückerstattung der CHF Quellensteuer

Um sich die Schweizer Quellensteuer rückerstatten zu lassen, benötigt man zunächst ein Benutzerkonto auf dem Schweizer Finanzportal https://eportal.admin.ch/start. Mit einer Steuernummer und der Steuer-ID lässt sich dieses relativ einfach einrichten. Dann kann es mit der Rückerstattung losgehen. Die Schweizer Quellensteuer lässt sich für die vergangenen 3 Jahre rückerstatten. Ältere Ansprüche verfallen. Somit kann man sich beispielsweise die Dividenden von 2020, 2021 und 2022 bis Ende 2023 rückerstatten lassen. Wichtig für die Anerkennung der Quellensteuer ist der sogenannte „Tax Voucher“, den man sich von der depotführenden Bank für jedes im Depot befindliche Unternehmen ausstellen lassen kann. Er bestätigt, dass die gesamte Quellensteuer ordnungsgemäß an die zuständige Finanzbehörde abgeführt wurde.

Zunächst erstellt man einen „Antrag auf Rückerstattung der schweizerischen Verrechnungssteuer“ und trägt die entsprechenden Wertpapiere ein. Dazu muss ebenfalls der jeweilige Tax Voucher eingescannt und hochgeladen werden. Anschließend muss der Rückerstattungsantrag ausgedruckt und vom deutschen Wohnsitzfinanzamt bestätigt werden.

Abschließend kann der unterschriebene Antrag an die Eidgenössiche Steuerverwaltung ETSW an die Eigerstraße 65, 3003 Bern geschickt werden und nach einigen Wochen wird das Geld auf das angegebene Konto überwiesen.

3. Was ist der Unterschied zwischen der Abgeltungssteuer und der Kapitalertragssteuer?

Bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften treten neben dem Begriff der Quellensteuer oft die Begriffe Abgeltungssteuer und Kapitalertragssteuer vermehrt auf.

Die Abgeltungssteuer bzw. Kapitalertragssteuer ist eine Form der Quellensteuer und fällt auf Kapitalerträge (Zinsen, Dividenden und Kursgewinne) an. Man spricht von der Abgeltungssteuer, wenn inländische Banken die Steuer automatisch an die Finanzämter abführen. Dadurch ist die individuelle Steuerschuld „abgegolten“. Die Rechtsgrundlage im Einkommenssteuergesetz bildet dafür §32d EstG.

Von der Kapitalertragssteuer wird gesprochen, wenn Banken nicht automatisch die Steuerschuld abführen.

Für den Steuerzahler ist es aber letztendlich irrelevant, ob man es sich um eine Abgeltungssteuer oder um eine Kapitalertragssteuer handelt, die Höhe der Steuerschuld ist in beiden Fällen identisch.

4. Was ist ein Doppelbesteuerungsabkommen

Hat ein Investor ein globales Aktienportfolio und damit eine Vielzahl an ausländischen Wertpapieren und damit anrechenbaren Quellensteuern, kann die Rückholung der Quellensteuer sehr schnell sehr aufwändig werden. Um das zu umgehen, hat Deutschland mit einigen Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen beschlossen.

Ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ist eine internationale Vereinbarung zwischen zwei Ländern, die darauf abzielt, die Doppelbesteuerung von Kapitalerträgen zu verhindern. Eine Doppelbesteuerung tritt auf, wenn ein Anleger in zwei verschiedenen Ländern steuerpflichtig ist und beide Länder die gleichen Erträge besteuern wollen.

Das DBA legt fest, wie die Besteuerungsrechte zwischen den beteiligten Ländern aufgeteilt werden. Es definiert, welches Land das Recht hat, Steuern auf Kapitaleinkünfte zu erheben, und welches Land auf eine Steuererhebung verzichtet oder eine Steuerrückzahlung gewährt, um Doppelbesteuerung zu verhindern.

Beispiel Coca Cola

Coca Cola hat einem Anleger 2023 eine Brutto-Dividende von 84,06 EUR bezahlt. Der Investor musste darauf eine Quellensteuer in Höhe von 12,61 EUR sowie die Abgeltungssteuer von 8,41 EUR zuzüglich dem Solidaritätsbeitrag von 0,46 EUR entrichten. Nach Abzug der gesamten Steuerlast bleibt eine Netto-Dividende von 62,58 EUR, was einer gesamten Steuerlast von 25,55% entspricht.

Weil Deutschland mit den Vereinigten Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat und die Steuerlast direkt von der beteiligten inländischen Bank abgeführt wird, spricht man in diesem Fall von der Abgeltungssteuer. Im obigen Schweizer Beispiel hingegen fiel lediglich der Begriff der Kapitalertragssteuer.


Inflation

Was ist Inflation und wie entsteht sie?

Die Inflation ist ein anhaltender Prozess, bei dem das allgemeine Preisniveau kontinuierlich ansteigt und das Geld an Wert verliert. Wichtig dabei sind die Wörter anhaltend und allgemein. Man spricht nicht von Inflation, wenn sich Preise von einigen wenigen Gütern nur kurzzeitig erhöhen (z.B. durch Missernte oder Streik).

Inflation kann drei Ursachen haben, nämlich Nachfrageinflation, Angebotsinflation oder Geldmengeninflation.

Bei der Nachfrageinflation (engl. Demand-pull inflation) steigt die Nachfrage nach Gütern stärker als das Angebot. Dies kann durch einen Anstieg des privaten Konsums, private und staatliche Investitionen oder die Nachfrage aus dem Ausland verursacht werden. Wenn die Unternehmen mit der Produktion nicht Schritt halten können, erhöhen sie die Preise, um das Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage wiederherzustellen.

Die Angebotsinflation kann in Kosteninflation (engl. Cost-push inflation) und Gewinninflation unterteilt werden. Bei der Kosteninflation steigen die Produktionskosten, zum Beispiel aufgrund gestiegener Rohstoffpreise oder höherer Lohnkosten, schneller als die Produktivität der Unternehmen. Dies zwingt die Unternehmen dazu, die Preise anzuheben, um ihre Kosten zu decken. Die Gewinninflation hingegen entsteht durch flächendeckende Marktmacht, wie zum Beispiel Monopole, die ein höheres Preisniveau durchsetzen können. Allerdings ist die Kosteninflation relevanter und häufiger anzutreffen.

Die Geldmengeninflation tritt auf, wenn die Geldmenge schneller wächst als die Produktion von Waren und Dienstleistungen. Dies geschieht, wenn beispielsweise die Zentralbank mehr Geld in Umlauf bringt, als für die wirtschaftliche Entwicklung erforderlich ist. Lesen Sie mehr zu Geldmenge, Geldschöpfung und Zentralbank. Wenn zu viel Geld auf zu wenige Güter trifft, erhöhen sich in der Regel die Preise. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Immobilienmarkt, bei dem Kredite aufgenommen werden, um bereits vorhandene Immobilien zu kaufen. Dadurch fließt zwar viel Geld in den Immobilienmarkt, jedoch erhöht dies nicht das Bruttoinlandsprodukt (da die Häuser bereits existieren), und die Preise steigen automatisch an.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Inflation ein komplexes Phänomen ist und von vielen Faktoren beeinflusst wird. Zudem können sich die Auswirkungen der Inflation je nach Wirtschaftssystem und Zeitraum unterscheiden.

Wie misst man Inflation?

Die Messung der Inflation erfolgt in der Regel durch die offiziellen Statistikbehörden, wie beispielsweise das Statistische Bundesamt in Deutschland. Dabei wird der sogenannte Verbraucherpreisindex (VPI) verwendet.

Der VPI stellt einen repräsentativen Warenkorb dar, der die Waren und Dienstleistungen enthält, die ein durchschnittlicher Privathaushalt in Deutschland für Konsumzwecke verwendet. Dieser Warenkorb umfasst verschiedene Kategorien wie Lebensmittel, Verkehrsmittel, Freizeitaktivitäten, Reparaturen usw.

Monatlich werden die Preise für die im Warenkorb enthaltenen Güter und Dienstleistungen manuell erhoben. Dabei werden auch indirekte Preiserhöhungen, wie beispielsweise eine Verringerung des Inhalts bei gleichbleibendem Preis, sowie Qualitätsentwicklungen berücksichtigt. Die erhobenen Preise werden gewichtet und zu einem Gesamtwert zusammengeführt, der den Verbraucherpreisindex darstellt.

Der Verbraucherpreisindex dient als wichtige Messgröße, um die Inflation zu beobachten und zu analysieren. Er ermöglicht es, Trends im Preisniveau zu identifizieren und die Kaufkraft des Geldes im Laufe der Zeit zu beurteilen.

Weil in die Inflationsberechnung auch sehr schwankungsanfällige Güter, wie z.B. Energie- und Nahrungsmittelpreise mit einfließen, werden in der Kerninflation solche volatilen Preisbewegungen ausgeklammert. Durch eine solche spezifische Maßnahme zur Messung der Inflation erhält man ein genaueres Bild der langfristigen Inflationstrends. Im Gegensatz zur Gesamtinflation, die alle Preise umfasst, konzentriert sich die Kerninflation auf einen Kernbereich der Preise, der als stabiler angesehen wird.

Durch die Fokussierung auf stabilerere Preise ermöglicht die Kerninflation eine genauere Beurteilung der zugrunde liegenden Inflationstrends.

Eine vorgelagerte Rolle der Messung von Preissteigerungen nimmt der Produzentenpreisindex (PPI) ein, der die Veränderungen der Preise von Waren und Dienstleistungen misst, die auf Vorleistungsebene stattfinden. Der PPI gibt Einblicke in die Preisentwicklung in frühen Produktionsstufen und kann als Indikator für zukünftige Veränderungen des Verbraucherpreisindex dienen.

Die verschiedenen Arten der Inflationsmessung dienen dazu, ein umfassendes Bild der Inflation zu erhalten und die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Verbraucher zu verstehen. Jede Methode hat ihre eigenen Vorteile und Einschränkungen, und daher ist es oft sinnvoll, mehrere Maßnahmen zu betrachten, um ein umfassendes Bild der Inflationssituation zu erhalten.

Was ist die Inflationsrate?

Die Inflationsrate ist nun die prozentuale Veränderung des VPI von einem Monat zum gleichen Monat des Vorjahres. Möchte man also wissen, wie hoch die Inflationsrate im Juli eines Jahres ist, dividiert man den aktuellen Juli-Wert des VPI durch den Juli-Wert des vergangenen Jahres.

Warum eine sinkende Inflationsrate ein Trugschluss ist!

Aus zwei Gründen kann die Betrachtung der Inflationsrate allein zu einem Missverständnis führen. Zunächst sagt die Inflationsrate nichts über das Preisniveau selbst aus, sondern nur etwas über die Geschwindigkeit, mit der die Preise steigen.

Eine niedrigere Inflationsrate bedeutet nicht zwangsläufig fallende Preise, sondern lediglich einen langsameren Anstieg der Preise. Das Preisniveau selbst kann immer noch hoch sein.

Zweitens kann der Basiseffekt zu Verzerrungen führen. Wenn die Preise in der Vergangenheit stark angestiegen sind, kann dies zu einer vermeintlich niedrigeren Inflationsrate führen, wenn die aktuellen Preiserhöhungen im Vergleich dazu geringer sind. Anhand eines kleinen Beispiels soll das veranschaulicht werden. Angenommen, wir haben eine beliebige Zahlenreihe

100, 101, 102, 103, 115, 116, 117, 118

und möchten den prozentualen Unterschied zwischen dem heutigen Wert und dem Wert von vor drei Beobachtungen wissen. Das heißt, wir bilden die prozentuale Relation von 100 zu 103, was 3% entspricht. Als nächstes berechnen wir den Anstieg von 101 zu 115, was in etwa 14% ergibt. Führen wir dies weiter fort, erhalten wir eine Reihe mit prozentualen Veränderungen

3%, 14%, 14%, 14%, 3%

Bei der letzten Zahl haben wir nur noch einen Anstieg von 3% und nicht mehr von 14%. Das liegt daran, dass wir die 118 auf das erhöhte Niveau von 115 beziehen und somit automatisch kleinere prozentuale Veränderungen erreichen.

Was bedeutet eine hohe Inflation für die Realwirtschaft?

Eine hohe Inflation kann zu ernsthaften und sogar gefährlichen Problemen in der Realwirtschaft führen.

Zunächst führt sie zu einem Verlust der Kaufkraft, da die Menschen für das gleiche Geld weniger Waren und Dienstleistungen erhalten. Dieser Kaufkraftverlust trifft insbesondere die untere Einkommensschicht schwer und führt zu einer ungewollten Umverteilung von Vermögen.

Darüber hinaus erzeugt hohe Inflation Unsicherheit über zukünftige Preise. Menschen tendieren dazu, ihre Ausgaben vorzuziehen und lieber heute zu kaufen als morgen, aus Sorge, dass die Preise weiter steigen könnten. Dies verstärkt die Nachfrage in der Gegenwart und treibt die Preise weiter an. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass man zu Beginn einer Periode starker Inflation erst einmal eine ungewöhnlich starke Nachfrage sieht.

Ein weiteres Problem ist die Lohn-Preis-Spirale. Bei hoher Inflation fordern Arbeitnehmer und Gewerkschaften oft höhere Löhne, um mit den gestiegenen Kosten Schritt zu halten. Wenn Unternehmen diese steigenden Lohnkosten auf ihre Produkte überwälzen, führt dies zu einer weiteren Preiserhöhung. Es entsteht ein Teufelskreis, bei dem die gestiegenen Gehälter den Kaufkraftverlust durch höhere Preise nicht ausgleichen können.

Hohe Inflation kann auch die Investitionsbereitschaft von Unternehmen beeinträchtigen. Die Unsicherheit über zukünftige Preise und Kosten führt oft dazu, dass Unternehmen Investitionen zurückhalten oder Projekte verschieben. Dies kann die wirtschaftliche Aktivität und das Wachstum beeinträchtigen.

Insgesamt belastet eine hohe Inflation die Realwirtschaft, indem sie die Kaufkraft verringert, Unsicherheit erzeugt und unerwünschte Effekte wie die Lohn-PreisSpirale verursacht. Es ist von großer Bedeutung, dass Regierungen und Zentralbanken Maßnahmen ergreifen, um die Inflation in einem moderaten und stabilen Bereich zu halten. Dadurch wird die wirtschaftliche Stabilität gewährleistet und das Vertrauen von Verbrauchern und Unternehmen gestärkt.

Wie kann man Inflation bekämpfen?

Wie wir oben gesehen haben ist Inflation nicht gleich Inflation. Entsteht Inflation auf der Nachfrageseite, kann man sie relativ zügig wieder in den Griff bekommen. Notenbanken können prinzipiell mit Hilfe ihrer Zinspolitik die Inflation beeinflussen. Wie wir aus dem Artikel wissen, wirkt sich eine Änderung des Leitzinses auf die Kreditvergabe von Banken aus. Wenn weniger Kredite vergeben werden und aufgrund der gestiegenen Zinsen die Menschen mehr sparen und weniger konsumieren, dann wird im Allgemeinen weniger nachgefragt und die Preise sinken.

Findet die Inflation ihren Ursprung hingegen auf der Angebotsseite, ist es nicht so einfach, die hohen Preise durch Geld- und Zinspolitik wieder einzufangen. Allgemein werden bei einer Angebotsinflation (Kosteninflation) die Preise von erhöhten externen bzw. nicht beeinflussbaren Herstellungskosten getrieben (z.B. hohe Rohölpreise, Lieferverzögerungen etc.). In diesem Fall kann die Notenbank mit ihren zinspolitischen Instrumenten die Inflation nicht vollständig bekämpfen, sondern nur eindämmen.

Eine langfristige Strategie zur Bekämpfung von Inflation besteht darin, ein Preisstabilitätsziel zu verfolgen. Dabei legen Zentralbanken ein Inflationsziel fest und setzen ihre geldpolitischen Instrumente ein, um die Inflation in der Nähe dieses Ziels zu halten. In der Regel liegt dieses Inflationsziel bei knapp untere 2 % pro Jahr. Dies kann das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in die Preisstabilität stärken und langfristig zur wirtschaftlichen Stabilität beitragen.

Es dürfte wenig überraschen, dass die effektive Bekämpfung der Inflation eine komplexe Aufgabe ist und verschiedene Maßnahmen miteinander kombiniert werden müssen. Die Wahl der geeigneten Instrumente hängt von der Ursache der Inflation und der wirtschaftlichen Situation ab.

Was bedeutet Inflation für einen Anleger?

Prinzipiell unterscheiden Anleger zwischen einer nominalen und einer realen Rendite und dann nochmals zwischen einer Brutto- und Nettobetrachtung.

Die nominale Rendite ist die Rendite, die durch das Halten des Wertpapiers entsteht. Bei Aktien zum Beispiel Kursbewegungen plus Dividendenzahlungen, bei Anleihen Kursbewegungen und Zinszahlungen.

Zieht man von dieser Nominalrendite die Inflationsrate ab, so erhält man die Realrendite.

Bei der Finanzplanung spielt es eine zentrale Rolle, auch die Steuern zu berücksichtigen. Kommt man dem nicht nach, überschätzt man signifikant das Erreichen der finanziellen Ziele.

Berücksichtigt man also Steuern, dann sollte man zuerst von der nominalen Bruttorendite den zu leistenden Steuersatz abziehen, um die nominale Nettorendite zu erhalten und von dieser die Inflationsrate. Als Ergebnis erhält man die reale Nettorendite.

Es gilt also, dass Inflation nicht nur in der Realwirtschaft erheblichen Einfluss nimmt, sondern auch in der Finanzwirtschaft.

Blanchard, O., & Illing, G. (2009). Makroökonomie. Pearson Deutschland GmbH. Burda, M., & Wyplosz, C. (2018). Makroökonomie: eine europäische Perspektive. Vahlen. Doan Van, D. (2020). Money supply and inflation impact on economic growth. Journal of Financial Economic Policy, 12(1), 121-136. Totonchi, J. (2011). Macroeconomic theories of inflation. In International conference on economics and finance research (Vol. 4, No. 1, pp. 459-462).


Wie funktioniert unser Geldsystem? – Teil 4: Eine kritische Betrachtung unseres Geldsystems

Die grundlegenden Zusammenhänge in den Teilen 1 und 2 aufgezeigt, möchten wir uns jetzt genauer mit der Thematik befassen und der Frage nachgehen, warum unser Wirtschaftssystem immer neue Kredite braucht, um zu existieren. Um das zu verstehen sollten wir ganz vorne beginnen.

Wir haben bereits gesehen, dass Banken Kredite aus dem Nichts erzeugen. Folglich muss es einen Tag X gegeben haben, an dem das erste Mal Geld geschöpft wurde. Betrachten wir diesen Fall einmal genauer.

Angenommen, es existiert kein Geld. Nun aber möchte eine Familie ein Haus bauen und benötigt dafür 1.000 EUR. Weil es noch kein Geld gibt, geht die Familie zur Bank, die ihr wie von Zauberhand 1.000 EUR auf ihr Konto gutschreibt.

Ein Handwerksunternehmen baut das Haus und die Familie überweist das Geld auf das Konto des Handwerkers. Der Handwerker verteilt das Geld wiederum auf seine Mitarbeiter (Löhne), begleicht Materialrechnungen usw.

Jeder weiß aber, dass man den Kredit nicht umsonst bekommt – es werden Zinsen fällig, nehmen wir an, insgesamt 100 EUR. Wir erinnern uns, es existieren insgesamt nur 1.000 EUR. Woher sollen also die fehlenden 100 EUR für die fälligen Zinsen genommen werden?

Die Antwort liegt auf der Hand, sie müssen neu geschaffen werden. Und wie schöpft man Geld? Durch Schulden! Nur so können die Zinsen bezahlt werden.

Mit dem Gewinn von einem Unternehmen verhält es sich genauso. Betrachten wir nochmal den Handwerksbetrieb. Um einen Gewinn zu erwirtschaften bedarf es mehr Einnahmen als Ausgaben. Der Unternehmer könnte seine Ausgaben senken, indem er eine Maschine kauft, die effizienter arbeitet. Mit anderen Worten: Er muss investieren.

Die existierenden 1.000 EUR aber hat der Handwerker ja nicht mehr, er musste davon Material und Arbeiter bezahlen. Was bleibt dem Handwerker also übrig? Er muss einen Kredit beantragen und damit wird die Investition zur Schuld, auf die er irgendwann auch wieder Zinsen bezahlen muss. Angenommen, er bekommt einen Kredit über 500 EUR und zahlt darauf 50 EUR Zinsen.

Damit wird zunächst die Geldmenge um 500 EUR auf 1.500 EUR ausgeweitet.
Mit der Maschine kann der Handwerker dann mehr produzieren, das heißt die Realwirtschaft wächst. Gleichzeitig aber auch die Geldmenge.

Dieser Zusammenhang muss nun auf die gesamte Volks-, wenn nicht sogar Weltwirtschaft übertragen werden. Es wird deutlich, dass Arbeit kein Geld schafft. Schulden schaffen Geld! Denn irgendjemand muss neues Geld (in Form von Schulden) schaffen, damit die 150 EUR an noch offenen Zinsen geschöpft werden.

Das Paradoxe an der ganzen Angelegenheit ist:

Wenn die Geldmenge steigt, dann wächst die Wirtschaft und die Wirtschaft wächst, wenn die Geldmenge steigt. Die Geldmenge steigt aber nur durch Schulden. Geld entsteht also nicht aus wirtschaftlicher Aktivität, Geld entsteht aus Geld.

Das gesamte System kann eigentlich relativ einfach zusammengefasst werden. Die Gewinne von heute sind die Schulden von morgen. Oder anders formuliert, alte Schulden können nur durch neue Kredite bedient werden.

Godley, W., & Lavoie, M. (2006). Monetary economics: an integrated approach to credit, money, income, production and wealth. Springer.
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Nain, A., & Jung, P. G. (2021). Understanding Money: Philosophical Frameworks of Monetary Value. Taylor & Francis.
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Wildmann, Lothar (2015): Makroökonomie, Geld und Währung. Module der Volkswirtschaftslehre Band II., 3., überarbeitete Auflage. Berlin/ Boston: Walter de Gruyter.
Wang, Joseph. (2020): Central Banking 101. Joseph Wang.


Wie funktioniert unser Geldsystem? – Teil 3: Zins ist nicht gleich Zins

Die Leitzinsen

Leitzinsen sind von Zentralbanken im Rahmen ihrer Geldpolitik und Kreditvergabe festgelegte Referenzzinssätze und werden vom Zentralbank-Komitee bei den Notenbanksitzungen festgesetzt. Im Euroraum gibt es drei Hauptzinssätze, die Geldmarktkreditfazilität, den Einlagezins und den Hauptrefinanzierungsgeschäfte-Zins.

Beginnen wir mit der Geldmarktkreditfazilität. So kompliziert das Wort scheinen mag, dieser Zinssatz ist nichts anderes als derjenige Zinssatz der fällig wird, wenn sich eine Geschäftsbank über Nacht von der Zentralbank Geld leiht. Eine Bank wird diese Form des Zentralbankkredits in Anspruch nehmen, wenn sie in Liquiditätsengpässe gekommen ist und kurzfristig liquide Mittel benötigt. Dieser Zinssatz ist nicht zu verwechseln mit der Overnight Rate (siehe unten).

Der Einlagezins gibt die Verzinsung der Überschussreserve an. Hält also eine Bank über Nacht bei der Notenbank ein Guthaben, das über die Mindestreserve hinausgeht, bekommt die Geschäftsbank den Einlagezins gutgeschrieben und hat damit einen Anreiz, überschüssige Liquidität bei der Notenbank zu halten.

Der wohl wichtigste Zinssatz ist derjenige für Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Geschäftsbanken können sich bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften Geld von der Zentralbank leihen, üblicherweise über einen Zeitraum von einer Woche. Dieser Zinssatz hat einen großen Einfluss auf die allgemeinen Zinssätze im Bankensystem und wirkt sich auf die Kreditkosten und die Verfügbarkeit von Krediten für Unternehmen und Verbraucher aus.

Nun sind aber Geschäftsbanken nicht zwingend auf die Kreditbereitschaft der Zentralbank angewiesen, sondern können auch untereinander Zentralbankgeld handeln. Dieser Handel findet am Interbankenmarkt statt.

Der Interbankenmarkt

Geschäftsbanken handeln auch untereinander mit dem von der Zentralbank bereitgestellten Zentralbankgeld. Dieser Handel zwischen den Geschäftsbanken wird als Interbankenmarkt oder Geldmarkt bezeichnet und stellt damit einen Teil des Finanzmarktes dar. Der Handel dient dem Ausgleich von Liquiditätsbedarf und basiert auf kurzfristigen Krediten, die Banken sich gegenseitig gewähren. Durch kurzfristige Kredite können Banken kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken und ihren täglichen Betrieb reibungslos aufrechterhalten. Am Geldmarkt führen diese Transaktionen nur zu einer Umverteilung von Zentralbankgeld zwischen den Banken. Selbstverständlich machen Banken diese Umverteilung nicht umsonst, sondern nur gegen einen Zinssatz – der Overnight Rate.

Overnight Rate

Die Overnight Rate ist der zu entrichtende Zinssatz auf dem Interbankenmarkt, zu dem sich Geschäftsbanken gegenseitig kurzfristige Kredite über Nacht leihen. Dieser Tagesgeldzins wird am Tagesgeldmarkt hauptsächlich genutzt, um die individuellen Mindestreservepositionen von Banken innerhalb eines Kalendermonats zu regulieren und ist nicht zu verwechseln mit der oben vorgestellten Geldmarktkreditfazilität. Die Zentralbank kann die Overnight Rate beeinflussen, indem sie den Einlagezins verändert. Wie oben festgehalten ist der Einlagezins der Zins, den die Geschäftsbank auf die Überschussreserve bekommt. Wenn es sich nun für eine Geschäftsbank als lukrativer erweist, ihre überschüssige Liquidität bei der Zentralbank anzulegen, anstatt es einer anderen Geschäftsbank zu leihen, kann die Notenbank die Overnight Rate direkt beeinflussen.

Weil die Overnight Rate als Zinssatz für einen sehr kurzfristigen sofortigen Kredit fungiert, spricht man von einem Spot Markt (sofortige Lieferung). Anders auf dem Terminmarkt. Hier vereinbaren zwei Geschäftsbanken heute einen Kredit, der erst in der Zukunft zu einem heute ausgemachten Zinssatz ausbezahlt wird. Dieser Zinssatz für einen in der Zukunft liegenden Kredit nennt man Terminzins.

EURIBOR

Einer der wichtigsten Referenzzinssätze für Termingeldgeschäfte ist der EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate). Der EURIBOR ist der zwischen Banken gehandelte durchschnittliche Zinssatz für Termingelder in Euro mit unterschiedlichen Laufzeiten. Termingelder sind Geldmarktkredite mit festen Laufzeiten und Zinssätzen, die von Banken genutzt werden, um langfristigen Finanzierungsbedarf zu decken und Zinserträge für einen bestimmten Zeitraum zu erwirtschaften.


Wie funktioniert unser Geldsystem? – Teil 2: Die Rolle der Zentralbank

Eine zentrale Rolle in unserem Geldsystem nimmt die Zentralbank ein, da sie quasi als die Bank der Banken agiert und letztendlich die Kontrolle über die Geldmenge ausübt. In unserem System ist die Zentralbank die einzige Institution, die befugt ist, Bargeld zu produzieren. Aus diesem Grund wird eine Zentralbank auch als Notenbank bezeichnet. Jede Geschäftsbank unterhält ein Konto bei der Zentralbank. Diese Kontostände bilden zusammen mit dem Bargeld die sogenannte monetäre Basis oder Zentralbankgeld, das oftmals in der Literatur auch als Geldmenge M0 bezeichnet wird.

Aber warum haben Geschäftsbanken ein Konto bei der Zentralbank? Wie bereits im ersten Teil erläutert, sind Geschäftsbanken verpflichtet, Mindestreserven bei der Zentralbank zu halten. Diese Reserven werden in Form von Zentralbankgeld auf den genannten Konten geführt. Ein weiterer Grund für ein Konto bei der Zentralbank sind Zahlungen zwischen den Geschäftsbanken. Wenn Kunden der Geschäftsbank A an einem Tag Gelder an Kunden der Geschäftsbank B überweisen (und umgekehrt), führt dies zu Veränderungen der Mindestreserveforderungen, die die Geschäftsbanken bei der Zentralbank halten müssen und somit zu Anpassungen derer Kontostände. Natürlich wird nicht jede einzelne Überweisung bei der Zentralbank erfasst, vielmehr wird einmal am Tag der Saldo zwischen den Banken festgestellt und dann dieser Unterschiedsbetrag auf den Zentralbankkonten der jeweiligen Geschäftsbanken angepasst. Dieses Vorgehen nennt man „Intraday Clearing“. Zuletzt kann eine Geschäftsbank auch jederzeit das Guthaben bei der Zentralbank in Bargeld tauschen, wenn sie Bargeld für Auszahlungen benötigt. Für all diese Transaktionen benötigt man Zentralbankgeld, was ein Konto bei der Zentralbank unabdingbar macht.

Was passiert, wenn eine Geschäftsbank mehr Bargeld benötigt, als sie Einlagen auf ihrem Zentralbankkonto hat? In einem solchen Fall hat eine Geschäftsbank verschiedene Möglichkeiten die fehlende Differenz auszugleichen. Eine davon ist die Aufnahme eines Zentralbankkredites.

Ähnlich wie Geschäftsbanken können Zentralbanken Geld aus dem Nichts erschaffen, indem sie Zentralbankgeld den Konten der Geschäftsbanken gutschreibt, also den Geschäftsbanken einen Kredit gewährt. Als Gegenzug erhält die Zentralbank von der entsprechenden Geschäftsbank als Pfand bzw. Sicherheit Wertpapiere, zumeist Staatsanleihen.

Es ist auch denkbar, dass sich eine Geschäftsbank kurzfristig Liquidität von einer anderen Geschäftsbank leiht. Dieser Kredit unter Geschäftsbanken wird dann auch über die Zentralbank bzw. Zentralbankkonten abgewickelt.

Die Aufnahme eines Zentralbankkredites ist eine Möglichkeit, wie Zentralbankgeld in den Wirtschaftskreislauf gelangen kann.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Zentralbank das von ihr geschöpfte Geld verwendet, um Wertpapiere wie Staatsanleihen von den Banken zu erwerben. In diesem Fall spricht man von Offenmarktgeschäften (also Käufe und Verkäufe am offenen Markt), bei denen die Zentralbank das von ihr geschöpfte Geld in den Markt pumpen oder daraus abziehen kann.

Die Änderung der Geldmenge im Allgemeinen und die Änderungen des Mindestreservesatzes und Offenmarktgeschäften im Speziellen beeinflussen also die Liquidität der Banken und ihre Bereitschaft zur Kreditvergabe, was sich wiederum auf die wirtschaftliche Aktivität auswirkt. Warum das so ist, werden wir im vierten Teil betrachten.

Hält eine Bank mehr als die Mindestreserve, dann spricht man von der Überschussreserve. In beiden Fällen kann die Zentralbank für dieses Guthaben Zinsen bezahlen. Dieser Zinssatz gehört zu den Hauptzinssätzen der Zentralbank und bildet neben den beiden Einflussfaktoren Offenmarktgeschäfte und Reservesatz eine weitere und wohl die wichtigste Möglichkeit für die Zentralbank Geldpolitik zu betreiben und damit Einfluss auf die Wirtschaft zu nehmen.


Wie funktioniert unser Geldsystem? – Teil 1: Es werde Geld

Zentralbanken und Geldmärkte spielen eine essenzielle Rolle im globalen Finanzsystem und sind ein zentraler Bestandteil der Kapitalmärkte. Doch die Zusammenhänge und Hintergründe sind nicht so leicht zu durchschauen, wie man zunächst vermuten mag. Ebenso ist vielen Menschen nicht vollständig bewusst, welchen Einfluss Zentralbanken und Geldmärkte grundsätzlich auf jeden Einzelnen ausüben.

Dieser Beitrag soll in Grundzügen helfen, diese Zusammenhänge und Wirkungsweisen nachzuvollziehen.

Was ist Geld eigentlich?

In Lehrbüchern wird die Frage nach der Definition von Geld oft mit einer Aufzählung seiner Funktionen beantwortet, nämlich als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Dabei werden auch Vorteile wie die Teilbarkeit des Geldes häufig erwähnt. All dies ermöglicht zweifellos einen bequemen und praktischen Umgang im alltäglichen Wirtschaftsleben, doch eine zufriedenstellende Antwort ist damit nicht gegeben.

Bei genauerem Studium findet man oft im Zusammenhang mit der Definition weitere Informationen zu den verschiedenen Formen von Geld oder zur Geschichte des Geldes.

Geld kann heutzutage vielfältige Gestalt annehmen. Die offensichtlichsten Formen sind Bargeld, Kontostände, digitales Geld oder auch Schulden. Allerdings wird damit nicht die Frage beantwortet, was Geld eigentlich ist, sondern eher wie Geld aussehen kann.

Die Geschichte des Geldes zeigt, dass die Urformen von Geld auf Naturalwaren wie Felle oder Vieh zurückgehen. Dieses Naturalgeld wurde dann im Laufe der Zeit von Waren wie Gold, Salz oder Muscheln ergänzt oder abgelöst.

Doch die eigentliche Frage, was Geld eigentlich ist, wird nur selten erörtert. Geld stellt im Wesentlichen eine Wechselwirkung aus Versprechen und Vertrauen dar, die zu einer allgemeinen Akzeptanz führt. Auf der einen Seite gibt es das Versprechen, dass Geld gegen einen entsprechenden Gegenwert eingetauscht werden kann, und auf der anderen Seite steht das Vertrauen, dass dieses Versprechen auch eingehalten wird. Es wird deutlich, dass dieser Zusammenhang besonders offensichtlich wird, wenn man sich bewusst macht, dass das Geld, wie wir es heute kennen, an sich wertlos ist. Die Herstellungskosten belaufen sich auf Cent-Beträge.

Es wird klar, dass Geld viel abstrakter zu verstehen ist, als man ursprünglich annehmen mag.

Das Geld, das wir heute kennen und letztendlich als „greifbares Vertrauen“ betrachten, ist in Wirklichkeit gar nicht so greifbar. Der Großteil des Geldes existiert in Form von Bits und Bytes und liegt auf den Servern der Banken. Nur ein Bruchteil des tatsächlich vorhandenen Geldes besteht aus Münzen und Scheinen. Um die verschiedenen Erscheinungsformen von Geld voneinander abzugrenzen, wird das Geld in drei Kategorien, die als Geldmengen bezeichnet werden, eingeteilt.

Geldmenge M1, M2 und M3

Die Geldmenge bezieht sich auf die Gesamtmenge an Geld, die in einer Volkswirtschaft im Umlauf ist. Die Europäische Zentralbank (EZB) definiert drei monetäre Aggregate: M1, M2 und M3. Die eng gefasste Geldmenge M1 bezieht sich auf die unmittelbaren Zahlungsmittel der Nichtbanken und umfasst den Bargeldumlauf (Banknoten und Münzen) und die täglich fälligen Sichteinlagen (Giralgeld) bei den Kreditinstituten. Die mittlere Geldmenge M2 beinhaltet M1 und darüber hinaus Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren und Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten. Die weit gefasste Geldmenge M3 enthält zusätzlich zu M2 auch Verbindlichkeiten aus Repogeschäften, Schuldverschreibungen mit Laufzeiten bis zu zwei Jahren inklusive Anteile von Geldmarktfonds und Geldmarktpapieren. Im Allgemeinen bezieht sich die Geldmenge auf M3. Jedes Aggregat erfasst verschiedene Geldvermögen und ermöglicht so eine differenzierte Analyse der Geldversorgung in der Wirtschaft. Die EZB steuert die Geldpolitik im Euroraum und hat insbesondere die Geldmenge M3 im Fokus.

Die verschiedenen Geldmengen dienen als konzeptionelle Kategorien, um die verschiedenen Erscheinungsformen von Geld zu klassifizieren. Als nächstes werden wir uns damit beschäftigen, woher das Geld eigentlich stammt, das wir in diese Kategorien einordnen.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Geldmenge eine bedeutende Rolle in der Geldpolitik spielt. Insgesamt sind die monetären Aggregate und die Geldmengensteuerung durch die EZB wichtige Instrumente zur Regulierung der Geldpolitik im Euroraum. Sie dienen dazu, die Geldversorgung zu steuern und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beeinflussen. Wie wir im weiteren Verlauf sehen werden, ermöglicht eine umfassende Analyse der Geldmenge, die Auswirkungen auf die Inflation, die Zinssätze und das Wirtschaftswachstum zu verstehen.

Wie entsteht modernes Geld?

Um dieser Frage nachzugehen, müssen wir zunächst zwischen Bargeld und Buchgeld unterscheiden. Als Bargeld bezeichnen wir Münzen und Scheine, deren Herstellung ausschließlich durch die Zentralbank erfolgt. Buchgeld hingegen wird von Privat- und Geschäftsbanken durch die private Kreditvergabe an Haushalte oder Unternehmen erzeugt. Dieser Prozess wird als Geldschöpfung bezeichnet und stellt den Mechanismus dar, durch den neues Geld in die Wirtschaft gelangt.

Interessanterweise entsteht Geld praktisch aus dem Nichts. Stellen Sie sich vor, Sie schreiben eine beliebige Zahl auf einen Zettel und diese Zahl wird zu Geld. Dieses Vorgehen veranschaulicht im Grunde genommen, wie Banken Geld schöpfen. Allerdings erfolgt dieser Prozess heutzutage digital, indem die Bank den entsprechenden Betrag auf dem Konto des Kunden gutschreibt – wir nennen das Kredit.

Hierbei ist zu beachten, dass die Bank die Kredithöhe nicht als Einlage vorliegen haben muss und auch nicht als physische Reserven in ihrem Tresor halten muss. Banken können mehr Geld ausleihen, als sie tatsächlich als physische Reserven besitzen. Sie müssen lediglich eine Mindestreserve (einen kleinen Prozentsatz des Kredits) bei der Zentralbank halten, um ausreichende Liquidität und ein stabiles Bankensystem zu gewährleisten.

Die Möglichkeit der Banken, je nach Bedarf Geld zu schöpfen, ist einer der Gründe, warum unser Geldsystem als Fiat-System bezeichnet wird. Das Wort „fiat“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „es werde“. Das Fiat-Geldsystem bedeutet also im Wesentlichen, dass Geld durch einen gesetzlichen Beschluss geschaffen wird.

Es ist wichtig zu betonen, dass das Vertrauen der Menschen in dieses Fiat-Geldsystem von entscheidender Bedeutung ist. Solange das Vertrauen in die Werthaltigkeit und die Akzeptanz des Geldes erhalten bleibt, kann das Fiat-Geld seinen Zweck als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel erfüllen.


Hands on Hidden Markov Model

Das Arbeitspapier gibt eine kurze theoretische Einführung in Hidden Markov Modelle und die Implementierung von den wichtigen Kernalgorithmen. Hidden Markov Modelle bilden die Basis für moderne Anwendungen aus Künstlicher Intelligenz und Machine Learning.


Dynamic Volatility Behaviour in Agricultural Commodity Markets

Evidence from VIRF Analysis and Spillover Index Calculations

Eine empirische Analyse der Volatilitätszeitstrukturen in globalen Agrarmärkten zeigt, dass extreme Wetterereignisse einen großen Einfluss auf die globale Volatilität unterschiedlichster Agrargüter haben. Es gibt Hinweise auf eine hohe Sensibilität der Preise bei bestimmten landwirtschaftlichen Produkten und eine dominante Stellung von Weizen und Sojabohnen, die Volatilität mehrheitlich auf andere Güter übertragen.


Option Pricing in Agricultural Markets

Akademisch gezeigt, weist das gängige Black-Scholes-Modell zur Optionspreisbewertung signifikante Schwächen auf. Es stellte sich heraus, dass auch in diesem Fall die Stichprobe in einen Zeitraum hoher und niedriger Volatilität mit unterschiedlichen Varianz-Risikoprämien führt. Das Paper zeigt deutlichen Unterschiede auf, wenn man Optionspreismodelle berücksichtigt, die Volatilitätsregime berücksichtigen.


Anlageklassen, Allokation, Risiko und Diversifikation – Teil 3: Diversifikation und Moderne Portfoliotheorie

Diversifikation

Zusätzlich zum systematischen Risiko existiert noch das unsystematische (idiosynkratische oder unternehmensspezifische) Risiko. Dieses Risiko ist gezielt mit bestimmten Unternehmen oder Branchen verbunden und entsteht beispielsweise durch Wettbewerbsfaktoren, rechtliche Umstände oder Managemententscheidungen.

An dieser Stelle kommt das Konzept der Diversifikation ins Spiel. Diversifikation ist letztlich eine übergeordnete Investmentstrategie, mit der das gesamte Risiko eines Portfolios auf die Investments verteilt und verkleinert wird.

Im Gegensatz zum systematischen Risiko kann das idiosynkratische Risiko durch Diversifikation reduziert werden.

Das heißt also, dass durch die Streuung des Kapitals ein Investor die negativen Auswirkungen eines einzelnen Wertpapiers auf das Portfolio reduzieren kann.

Diversifikation findet auf verschiedenen Ebenen statt. Diese Ebenen werden durch den Risikotypen bestimmt.

In der Wissenschaft gibt es drei Risikotypen von Anlegern: risikoaffin, risikoneutral und risikoavers.

Ein risikoaffiner Anleger ist bereit, bewusst Risiken einzugehen, um die damit verbundenen Risikoprämien zu nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass ein solcher Anleger nicht diversifiziert sein sollte. Man kann beispielsweise ein riskantes Aktienportfolio nach Länder bzw. geografische Regionen oder  Branchen aufteilen.

Ebenso kann ein risikoaverser Anleger, also ein solcher, der das Risiko scheut, vorgehen. Allerdings wird er möglicherweise geringere Risikoprämien auf dem Anleihenmarkt nutzen.

Ein risikoneutraler Investor möchte in der Regel sein Gesamtportfolio zumindest nicht vollständig einem hohem Risiko aussetzen. Er hat die Möglichkeit, sein Vermögen über verschiedene Anlageklassen und deren spezifischen Risikoprämien zu streuen. Eine Diversifikation über Anlageklassen stellt eine weitere, übergeordnete Ebene dar. Wie bereits im Teil 1 dieser Aufsatzreihe herausgearbeitet, weisen Anleihen oder Rohstoffe signifikant andere Risikomerkmale auf. Dadurch können potenzielle Verluste in einer Anlageklasse durch mögliche Gewinne in einer anderen ausgeglichen werden.

Eine oft selbst von professionellen Anlegern nicht beachtete letzte Ebene der Diversifikation liegt in der Anlagestrategie selbst. Es gibt keinen heiligen Gral des Investierens. Was es hingegen gibt sind Strategien, die je nach weltwirtschaftlicher Situation mal besser und mal schlechter funktionieren. Ein Einblick und Überblick über verschiedene Anlagestrategien folgt in einem weiteren Artikel.

Insgesamt sind die Umstände des Investors entscheidend, welche Ausgestaltung die Diversifizierung haben muss. Neben persönlichen Umständen ist die steuerliche Situation, der Anlagehorizont, regulatorische und rechtliche Gegebenheiten und natürlich die Risikoneigung zu berücksichtigen. Für eine genaue Ausgestaltung bietet beispielsweise eine professionelle Finanzplanung Unterstützung.

Fakt ist, dass für einen langfristigen Anlageerfolg Diversifikation eine der wenigen Determinanten ist, die maßgeblich zu diesem Erfolg beitragen. Wie der Ökonom und Nobelpreisträger Harry Markowitz einst sagte

“There is no free lunch except diversification”

was man mit “man bekommt [auf den Finanzmärkten] nichts geschenkt, außer Diversifikation“ übersetzen kann. Wie man sich dieses „free lunch“ zu Nutze macht erläutern wir im dritten Teil.

Moderne Portfoliotheorie

Die Moderne Portfoliotheorie ist ein vom Nobelpreisträger Harry Markowitz in den 1950er entwickeltes Konzept, das auf zwei grundlegenden Prinzipien beruht: Diversifikation und Effizienz.

Das Hauptziel der Theorie ist es, das Risiko eines Portfolios durch Diversifikation zu minimieren, ohne die potenzielle Rendite zu beeinträchtigen. Hintergrund dieser Überlegung ist die sogenannte Effizienzlinie (engl. efficient frontier). Stellen Sie sich vor, sie sind ein risikoaffiner Investor, akzeptieren aber nur einen bestimmten Grad an Risiko. Dazu mischen Sie in ihrem Portfolio verschiedene Anlageklassen wild durcheinander und berechnen im Anschluss das Risiko und die erwartete Rendite des von Ihnen konstruierten Portfolios. Es ist durchaus möglich, dass es andere Kombinationen der Anlagen gibt, die bei gleichem Risiko eine höhere erwartete Rendite haben. Sie wählen dann natürlich jene Kombination, bei der sie mit ihrem akzeptierten Risiko die höchste Rendite erwarten können. Ein anderer Investor ist noch viel risikofreudiger als Sie und er akzeptiert ein höheres Risiko. Er wird zwar auch verschiedene Anlagen mischen (diversifizieren), aber er verwendet hauptsächlich Anlagen mit einer höheren Risikoprämie. Auch er wird dann die Kombination wählen, die bei seinem akzeptierbaren Risiko die maximale erwartete Rendite abwirft.  

In beiden Fällen gibt es aber stets eine natürliche Begrenzung, nämlich die maximale erwartete Rendite  bei gegebenen Risiko. In anderen Worten, bei einem akzeptierten Risiko gibt es eine maximal mögliche Rendite. Eine noch höhere erwartete Rendite ist nur möglich, wenn man mehr Risiko akzeptiert.

Die Effizienzlinie ist dann zu jedem Risikoniveau die dazugehörige maximale zu erwartende Rendite.

Den anderen Startpunkt kann man natürlich auch wählen. Möchte ein Investor eine bestimmte Rendite erzielen (beispielsweise weil er davon Darlehen bezahlen oder Ausschüttungen erzielen muss), dann muss er bereit sein, das dazugehörige Risiko einzugehen.

Nichtsdestotrotz sollten Investoren immer bestrebt sein, Portfolios zu konstruieren, die entlang dieser Effizienzlinie liegen, um die bestmöglichen Renditen für das eingegangene Risiko zu erzielen.

Die Moderne Portfolio Theorie ist ein großes mathematisches Konstrukt. Das faszinierende an der Mathematik ist, dass man Theorien in einer Einfachheit darstellen und mit einer Klarheit beweisen kann, dass keine Interpretationsspielräume übrig bleiben.

Die Moderne Portfolio Theorie zeigt, dass durch die Diversifikation eines Portfolios das Risiko reduziert werden kann, ohne dass die erwartete Rendite erheblich abnimmt.

Die Grundgedanken der Modernen Portfolio Theorie wurden im Laufe der Zeit sowohl von Praktikern, als auch von Theoretikern stetig weiterentwickelt.

Insgesamt bildet die Moderne Portfoliotheorie eine wertvolle Basis für Anleger, um ihre Anlageentscheidungen auf wissenschaftlichen Prinzipien zu begründen und ihre Portfolios auf eine Weise zu strukturieren, die ihren individuellen Rendite-Risiko-Präferenzen am besten entspricht.

Bissantz, Nicolai/ Steinorth, Verena/ Ziggel, Daniel (2011): Stabilität von Diversifikationseffekten im Markowitz-Modell. AStA Wirtsch Sozialstat Arch 5, 145–157 (2011).
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Dahlmanns, Jens (2009): Erfolgreiche Diversifikation von Geldanlagen. Neue Strategien der Asset Allocation. 1. Auflage. Igel Verlag.
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Söhnholz, Dirk/ Rieken, Sascha/ Kaiser, Dieter G. (2010): Asset Allocation, Risiko-Overlay und Manager-Selektion. Das Diversifikationsbuch. Wiesbaden: Gabler Verlag.
Spremann, Klaus (2008): Portfoliomanagement. 4., überarbeitete Auflage. München: Oldenbourg Verlag.